FrischmacherInnen

Die Kölner Gruppe „FrischmacherInnen“, die ich 1994 mitgegründet habe, knüpfte thematisch an die Arbeit der Wohlfahrtsausschüsse an, die als Netzwerk nach 1993 nicht mehr zusammengehalten werden konnten. Sie traf sich im „Infoladen“ des besetzten Hauses in der Ludolf-Camphausen-Straße und war ebenfalls ein Crossover zwischen Kulturleuten und autonomer Linker. „Für die herrschende Gesellschaftsordnung findet Kultur in der Oper statt“, besagte eine Erklärung: „FrischmacherInnen wenden sich im Superwahljahr ’94 gegen diesen totalitären Kulturbegriff. Kultur wird als Feld aller Äußerungsformen des Zusammenlebens begriffen. FrischmacherInnen definieren Kultur, indem sie diese praktizieren“. Die Arbeit der Gruppe bestand in einer Mischung von Veranstaltungen und Aktionen. Themen waren 1994 noch sehr unterschiedlich (Antisemitismus, Genmanipulation, feministischer Film, Medien) und fokussierte 1995 auf das Thema Stadt am Beispiel von Köln: „StadtPläne – Einkaufsbummel im Bunker – StattMenschen“. Das hatte direkt damit zu tun, dass die Kommune ab 1994 begonnen hatte, alle unliebsamen Erscheinungen wie Drogenkonsum und Obdachlosigkeit aus der Innenstadt zu verdrängen. Dadurch wurde nicht nur Sozial- durch Sicherheitspolitik ersetzt, sondern auch demokratische Standards galten nicht mehr. Wiederum ging es in einer Mischung von Diskussionen und Interventionen um Themen wie die kapitalistische Aneignung von öffentlichem Raum, Sicherheits- und Drogenpolitik, Obdachlosigkeit, Gefängnisse, Gender und Stadt und alternative Lebensmodelle wie Bauwagenplätze.

Diese Vorbereitung mündete in die städteübergreifenden Innenstadtaktionen von 1997 (an denen ich selbst allerdings nur am Rande beteiligt war), die in Köln „Klassenfahrt“ hießen und u.a. Teach-ins und Aktionen mit Hilfe von Kommunikationguerilla beinhalteten.

Das ist alles ausführlich dargestellt in:
Nicole Grothe: „InnenStadtAktion. Kunst oder Politik? Künstlerische Praxis in der neoliberalen Stadt“ (Bielefeld: transcript 2005).